Festgelaufene Stimmung & Neues aus dem Four Seasons

15 02 2009

Da hängt man nun.. nach viereinhalb Monaten und dem 6. Wechsel des Wohnortes. So richtig freudige Stimmung mag nicht so richtig aufkommen. Mittlerweile haben Romina, Lena, Frank, Tobi und Edu das Weite gesucht. Die Mädels sind Richtung Heimat, die Jungs schnüffeln sich noch ein wenig durch die brennenden Australischen Steppen. Die Abschiede wurden ordentlich feuchtfröhlich bedauert.. ääh gefeiert. Bleiben noch Katharina, Jessy, Anett und Rene mit denen man hier sehr gut auskommt. Life’s a change, always. Da ist was dran. Man könnte sagen ich habe mich daran gewöhnt, immer wieder Leute zu verabschieden, gefallen tut’s mir dennoch nicht. Das Heimweh drückt in Schwankungen.. mal mehr, mal weniger. Warum ausgerechnet, nachdem ich mir hier schon richtig eingelebt hab? Mit Rene wurde dessöfteren gequatscht, was man ändern könnte. Wir wissen es selbst nicht. Er selber tappt seit nun mehr als 1,5 Monaten ohne Job im Dunkeln, verzweifelt langsam aber sicher an der Hospitality, nachdem 17 Bewerbungen ins Nichts gingen und unbeantwortet blieben. Nicht mal Zeug genug haben die Hotels, eine Absage zukommen zu lassen. Miese Tour. Das Wetter sowie die Stimmung in und um Sydney schlagen noch ein wenig mehr auf’s Gemüt. Buschfeuer hier, Buschfeuer dort, Flutungen hier, Flutungen dort und seit 6 Tagen regnet es in Sydney durchgehend. Nervig, wirklich nervig.

Im Hotel läuft es eigentlich ganz gut. Die täglichen 50 Minunten Zugfahrt werden mit Schlaf verbracht und jedesmal geht es äußerst unmotiviert aber gerne Richtung Hotel. Eine halbe Stunde eher angekommend, wird sich fix umgezogen und erstmal gemampft. Jeden Tag. Das ist und bleibt meine 2. Mahlzeit des Tages, aber so richtig Zeit für eine 3. findet sich nun mal nicht. Spätestens im Restaurant angekommen, ist die Motivation wieder recht gut. Kein großes Vorbereiten, sondern einfach nur das machen, was Spaß macht: Revierkellnern, Gäste angrinsen, anlügen und verkaufen was das Zeug hält. Die letzten 2 Schichten waren allerdings schon etwas anstrengender.. Freitag war ein normaler Busy-Tag. Wir schoben unsere 71 Couverts (Personen) durch, mehr oder weniger relaxt. Michaela, unsere Managerin in Training, war diesmal unser Gast mit 2 Freundinnen. Natürlich bekam ich sie, als einziger deutscher Stationskellner, damit wir brav Deutsch reden konnten 🙂 Es sollte auch der Zeitpunkt kommen, wo unser werter deutscher SousChef (stellv. Küchenchef) mal wieder seine Stärke im Kochdasein konnte. Nicht das ich zur Hochsaison am Freitag Abend nix zu tun hätte, nein, aber als ich am Schmutztellerabstellen (cooles Wort) im Office war, schrie es wieder aus der Küche: „KAAABLE’S! KABLE’S! PICK UP!“, was so viel bedeutet, dass sich schleunigst ein Kellner jeglicher Art mit Schürze oder Anzug Richtung Pass bewegen sollte, sonst wird’s Essen net besser. Ich schaute mich also um, ob noch jemand in der Nähe war.. Fehlanzeige. Wie gesagt, ich hatte eigentlich wirklich zu tun, aber hilft ja nichts. Ab zum Pass. Vor mir standen 3 angerichtete Teller und 2 leere. Ich schaute die Dockets durch (Laufzettel der Tische) und machte mir bewusst, wo ich hin muss. Ich wartete auf sein Signal, was eh immer eine arg gefährliche Zeit ist, wo man eh nur alles falsch machen kann (ich möchte erwähnen, die Küche war eh schon nicht ganz sauber drauf). Wartest du, bekommst du Anpfiff warum du so blöd rumstehst, fragst du, wohin du musst, haste auch verkackt, weil Chef nicht sein Okay abgegeben hat. Ich entschied mich für Fall 2. Mir glühte echt der Kopf, wenn ich dran dachte, dass Tische auf mich warteten und ich hier nach einem Aufruf der Küche dumm da stand und wartete. Ich konnte nicht entziffern wo 3 Teller dieser Art hinsollten also entschloss ich mich einfach höflich (eh sinnlos) zu fragen, wohin ich denn muss. (Where am I going, Chef?). Zurück kam wie zu erwarten nur GROßBUCHSTABEN und AUSRUFEZEICHEN!!!!!! Übersetzt schrie er nur in meine Richtung, mit einem bösen SousChefblick: „Du sollst überhaupt nirgends hin, solange ich hier kein Okay gegeben hab. Und ich habe noch kein Okay gegeben. Du läufst, wenn ich dir das sage. DID YOU UNDERSTAND THAT? DID YOU?“ Ganz in meiner Manier ging es mir ziemlich am Hintern vorbei, was er sagte, ich weiß, wie der Hase in einer Küche lang läuft. Unbeeindruckt vom immer noch stecheneden Blick in meine Richtung, meinte ich nur „Yes Chef, I did, Chef. Sorry Chef“ .. Trag doch dein Essen allein raus, Küchenmensch… hätte ich am liebsten angehängt, aber in Küchenaugen sind wir ja eh nur die, die lediglich Teller tragen und dumm lächeln können. Nach geschlagenen 60 weiteren Sekunden wurde mein Warten „belohnt“: Innerhalb von 5 Sekunden wurden 3 Amuse Bouche angerichtet, die raus sollten. Deswegen stand ich da rum und musste mir Nettigkeiten der Küche anhören. Froh bin ich, dass ich dickes Fell habe und mich eigentlich nix mehr schockt, egal in wessen Küche ich stehe. Leider haben wir als Kellner nie die Möglichkeit uns mal zu beschweren, wenn etwas zu lange dauert und wir, von unserer Serviceseite aus, alles richtig machen. Küche, vor allem Chef und SousChef, immer Recht haben, jaja! Da nach dem Service auch keine Neigungen seinerseits vorhanden waren, mal zu quatschen oder auf einen zuzukommen nach so etwas, bleib ich einfach mir treu: Jedem Respekt aufgrund seiner Position zollen, Gedanken und Meinungen für mich behalten und mit regelrechter Gleichgültigkeit auf Arbeit rumtraben. Hauptsache ich habe Referenzen im Lebenslauf und bekomme regelmäßig meinen Hungerlohn ausgezahlt. Das Lauryn Hill, von den Fugees (‚Killing me softly..“), unser Gast war, ging mir irgendwie ebenso am Hinter vorbei. Gleichgültigkeit eben.

Gestern, am Samstag, war Valentinstag. Nett. Irgendwie musste ich 110% des Tages an Jule denken. Und so gaben Heimweh, fehlende Motivation, Trübsal, Liebeskummer und allgemeine Müdigkeit wiedermal alles auf dem Schlachtfeld meiner Emotionen. Ganz toll. Beißen, Augen zu und durch. Ab auf Arbeit, umziehen, mampfen und ins Restaurant stiefeln. Zugegebenermaßen war das die beste Valentinsdekoration, die ich je gesehen hatte. Wirklich traumhaft eingedeckte Tische. Erster Fehltritt allerdings.. Kerzen und Klimaanlage. Oh man ehrlich. Wie lange arbeiten die Leute eigentlich schon in der Gastro? dachte ich mir. Kaum zündeten wir die Kerzen an, waren die Tische, welche direkt unter der Lüftung standen, innerhalb von Minuten eintapiziert mit Kerzenwachs. 10 mal wird dran vorbeigelaufen, ich habe mir dann einfach mal rausgenommen, etwas zu sagen. Ich meinte, dass das auf jeden Fall nicht geht und hier alles direkt auf 0 gesetzt werden kann, sonst rasten nach mir auch noch Gäste aus… „Schnellstmöglich“ sagte ich, während ich das erste Wachs unauffällig vom Silberbesteck kratzte. 2 Tische mussten neu eingedeckt werden weil sie so versaut waren. 10 Minuten vor der Eröffnung des Restaurants (!!!) gab es dann eine Einweisung für den Abend. Die erste Satz hätte von vornherein lauten müssen „So Jungs und Mädels, wir sind zu wenig.“. Den Satz vermisste ich aber in allen noch kommenden Feststellungen im Verlauf des Abends. Der Küchenchef, Karl Middleton (oder so) erklärte einiges zum Ablauf des Abends, der nette Herr SousChef Noak beriet uns artig über das wunderschöne festgesetzte Menü (kein a la carte) und Restaurantchef Fillipo gab sein Bestes in der Serviceaufteilung. Ich durfte Station führen mit Branden (dem wohl erfahrenstem Kellner hier, 24) und Kristina. Ario und ermmm, so ein netter Türke (Name vergessen) führten Station im K2, im Zusatzraum vom Kable’s. Ganze 2 Runner (bei über 90 Pax, 2 Runner, 2… ZWEI!! Das komme dem Versuch gleich, mit 10 Soldaten Russland zu erobern), Fillipo und Michaela waren quasi Springer. Ich schaute mich in Ruhe um und ging dem Ablauf im Kopf durch, während schon das erste Päärchen Platz nahm. Wir wurden eingewiesen, im System die einzelnen Gänge, nach Absprache mit dem Gast, einzutippen. Gut. Ich schaute mich erneut um, sah zu wenig Ersatzweingläser, sah keine Weinvorbereitung und außerdem stellte ich leise fest, dass auf 90% der Tische zu viel Besteck lag, 3x Vorspeise und 1x Hauptgang. Dabei gab es doch nur 2 Vorspeisen?! Das lustige war, dass mir gesagt wurde, das auf 10% der Tische zu wenig Besteck ist, weil die zu klein sind und die bitte bei Zeiten nachgedeckt werden sollten. Dazu schwieg ich einfach und hielt meine Klappe. Mir war eh bewusst, dass er Abend nur eine Chaos werden konnte. Ich irrte mich.. es wurde eine Katastrophe. Die ersten 3 Tische waren schnell unter Kontrolle, ich machte mir Notizen welche Weinbegleitung hatten, schrieb meine ersten Handbons für die Küche, tippte die Grütze ins System und lief Richtung Küche. Ich war noch nicht mal am Pass, als mir der Küchenchef aufdringlich klar machte, dass wir das nicht ins System eintippen brauchen, Handdockets würde reichen. Fragezeichen füllten mein Kopf, ich selber hielt einfach nur den Mund, schwieg und nickte bestätigend. Bitte was? Erst Muh, dann Mäff. So ein Müll, ehrlich. Verärgert ging es zu den Gästen. Meine Sektion, die mittlere mit 11 Tischen (das ist nicht wenig), wurde als erstes überfallen. Ab um 7 verlor ich das Gefühl für Raum und Zeit und machte einfach nur alles so schnell ich konnte. Da stetig der ein oder andere Tisch nachkam und immer wieder Gäste mich für sich beanspruchten, um das eine oder andere Gespräch zu führen, geriet ich immer mehr ins Schwitzen und in den Stress: Meine Lieblingssituation am ganzen Job. Stress. Ich liebe es wirklich tief im Schlamm zu stehen.. ich liebe es wenn allesamt im Background nicht mehr lächeln können und jeder so tut, als wäre er der gestressteste. Da fang ich an zu lächeln! Da noch ein neuer Tisch, da 4x Weinservice machen, dort Teller ausheben, neue Gäste annehmen, Wasser nachschenken, weitere Gäste die noch nicht stattgefundene Absprache mit dem Chef über eine Alternative mitteilen, Diet Coke besorgen, Wein holen, Dockets schreiben.. blubb blub.. abgesoffen. GEIL! Ich nahm mir irgendwann 2 Sekunden, mich kurz umzuschauen: Wartende Gäste, leere Teller und Gläser überall, kaum Personal aufm Floor und im Cafe kamen die einen oder anderen Gäste zum a la carte essen, wofür wir hinten und vorne nicht genug Personal hatten. Das sind so Momente, wo sich die meisten wünschen, dass irgendwie im Umkreis von 50 Metern ein Nuklearschlag detoniert und alles vorbei ist. Andere würden auch gerne schreien aus dem Fenster hüpfen.. es nimmt sich nix. Weglaufen geht nicht, von 150% auf 200% schalten, das geht. Jawohl! Netterweise stellte ich zudem irgendwann fest, dass circa 10 Minuten nichts mehr aus der Küche kam. Langsam wurde es echt lustig. Ich ging, okay, ich rannte fix in die Küche. Dort spielten nichtvorhandene Kellner Beamtenmikado (Wer sich bewegt, verliert) und aus der Küche domminierte nur eine verzweifelte Stimme: Küchenchef Middleton versuchte alles so gut es ging zu koordieren. Die Küche musste durchgehend zu einer Zeit circa 12 Tische schicken. Das stapelt sich irgendwann und irgendwann ist das Limit eben erreicht. Weiterer Fehler in der Planung: Marius! Marius hat mit mir angefangen, ist ein kleiner rundlicher blonder Teddybär aus Norwegen, den ich echt gern hab. Aber es war erst seine 2. Spätschicht. Und er wurde dazu verband, die Serviceseite des Küchenpasses zu vertreten. D.h. er steht im Kontakt mit dem Küchenchef und ist eigentlich neben ihm die einzige Stimme, die man in solchen Moment hören sollte, denn er koordiniert wo die Kellner ihre Teller hinbringen. Was für eine Fehlplanung, ehrlich. Ich mag ihn, aber er konnte es unmöglich gut managen. Er hat arg wenig Erfahrung generell, weder Spätdienste noch Restaurantbetrieb auf höherem Niveau, man kann ihm keinen Vorwurf machen, aber er hatte einfach irgendwann den Überblick verloren. Und dann versuchen sich immer mehr mit reinzuhängen.. wuff, das geht schief. Ich hielt mich raus. Mir war das egal, weil ändern konnte ich dann auch nichts mehr. Hoffen und Lächeln ist das beste Mittel. Ich schickte weiter fröhlich meine Essensabrufe via System in die Küche. Lustig wurde es dann, wenn ich den Hummer (2. Vorspeise) abrief und Käse kam. Oder nachdem die erste Vorspeise ausgehoben wurde, nochmal die selbe zum Tisch gebracht wurde. In solchen Fällen stellte ich mich grinsend zu den Gästen, die vergnügt das 2. mal den Gang genossen, und meinte, dass es speziell für sie ist, weil man ihnen ansah, wie toll sie das Gericht fanden. Schadensbegrenzung war angesagt und es klappte durch die Bank weg sehr gut. Ich gesellte mich immer zu den Tischen, wo schon arg die Geduld der Gäste erreicht war. Letztenendes konnte ich fast alle zufrieden stellen. Mal kam der Wein zu spät (aber er kam), mal mussten Gäste 10 Minuten auf das Nachschenken des Wassers warten.. es ging eben nicht anders. Da Branden seine Stations vermutlich gut im Griff hatte, half ich zudem noch Kristina bei ihren Tischen.. meine Kontrolle über mehr als 11 Tische auszubauen war zwar gewagt, aber was tut man nicht alles für die lieben Gäste 🙂 Ich räumte Teller ab, kümmerte mich um ihren Wein, versorgte sie so gut es ging. Ich hatte den Eindruck bei ihr liefen die Tische ein wenig aus dem Ruder also half ich ungeachtet wo es ging. Ein Dankeschön gab’s nicht, habe ich auch nicht erwatet. In den späteren Stunden trug ich mein Essen für die Tische alleine raus und kreuzte es auch auf den Dockets ab, ohne Absprache. Auf mich selber konnte ich mich in diesem Moment eben noch am besten verlassen. Wir waren zu wenig, dass wollte nie einer zugeben. Fehlplanung, hinten und vorne. Schlechte Vorbereitung, schlechte Absprache untereinander, keinen wirklichen Verlass auf die anderen.. ja, ich habe wirklich schon besseres erlebt. Aber irgendwie vermisste ich auch, dass das keinen Verantwortlichen so richtig störte. Anscheinend ist es wirklich relaxter als gewohnt. Trotzdem.. ich war der Meinung für Four Seasons war der Abend schlecht geplant und durchgeführt. Die Kellner mussten das beste draus machen, es blieb uns ja nichts anderes übrig… die Nachbereitungen gingen bis halb 3 und schlossen mit der wundervollen Aufgabe ab, Servietten zu zählen. Das war die erste Gelegenheit, Luft zu holen. Ich unterhielt mich mit Branden über den Abend, er war der selben Meinung. Das dumme an diesem Restaurant ist: Es ist ein offener Raum. Man kann leider nicht die Tür zuschließen, das Licht ausmachen, Musik anmachen und erstmal eine Rauchen. Geht nicht. Gelobt wurde übrigens Marius für seine Arbeit am Pass (???), der Rest wurde einfach mal nicht erwähnt. Sekunden, wo man sich abermals fragt, wozu man diesen Job überhaupt macht und diesen ganzen Scheiß auf sich nimmt. Hat niemand deine Arbeit hier gesehen? Wo ist die Dankbarkeit und der Personalsekt nach einem derartigen nichtleichten Abend? War das für alle selbstverständlich? Hielt jeder deine Leistung für selbstverständlich? Nix wie raus hier und trinken.. waren die letzten Gedanken im Hotel. Die Nacht endete, nachdem ich im Jacksons mit einigen Bierchen und Shots den Valentinstag ertrank, mit einer Zugfahrt, bei welcher ich einschlief und zu weit fuhr.. und für nette 22 Dollar mit dem Taxi nach Hause fahren musste. Scheiß Tag.

Nicht, dass ich Pessimist wäre, aber mittlerweile bleibe ich in Australien nur noch, um meine berufliche Referenz auszubauen und mal etwas durchzuhalten. Spaß macht es mir nicht mehr. Ich brauch die 6 Monate Four Seasons Referenz um voran zukommen und dafür muss ich ordentlich beißen jetzt. Irgendwie warte ich wohl auf ein Erfolgserlebnis. Irgendwas, was mich mal wieder so richtig hochreist und auf Touren bringt. Es fühlt sich an wie in der Luftzu hängen aber gleichzeitig festgefahren zu sein. Ich mach das Beste draus, mehr bleibt mir nichts übrig.

Also auf geht’s in die letzten 5,5 Monate.. 23 Wochen.. knapp 160 Tage. Zeit, gib Gas!

Adios und Byebye

Mr Bond 🙂