Fangen wir erst einmal mit schlechten Nachrichten an: Ich wohne nicht mehr am Strand.. Ja, Bondi ist nun in weite Ferne gerückt und nur noch mit fast 1,5 Stunden Zugfahrt erreichbar. Die Entscheidung war nicht leicht zu fällen aber dadurch, dass ich Druck bekommen habe, vom Vermieter, musste eine Lösung schnellstens her. Ich war ja allein in dem Zimmer, wo eigentlich 2 Leute hausen sollten. Zu meinem Leittragen hat weder er noch ich einen Mitbewohner gefunden, was auch nicht verwunderlich ist, denn für 250 Dollar in der Woche will niemand zur momenten Situation noch ein Zimmer teilen.. man bekommt für weitaus weniger Geld schon Einzelzimmer! Nun ja, ich bin nicht besonders traurig, dass ich dort ausziehen musste. Zuletzt haben es die Italiener soweit gebracht, dass ich einmal richtig ausgerastet bin. Es war eine der wenigen 7 Uhr Schichten im Four Seasons.. die ersten Tage überhaupt dort, welche von grundauf also wichtig für mich waren. 5 Uhr aufstehen verlangte frühes ins Bett gehen. Um 22 Uhr ins Bett. Schlafen? Fehlanzeige. Nachdem es nach 4 Beschwerden meinerseits in der ersten Nacht um 1 Uhr immernoch relativ laut war, habe ich nachgegeben und bin einfach liegen geblieben, in der Hoffnung die schalten ein Gang zurück. Einen Tag später die selbe Story. Diesmal habe ich bereits 20 Uhr angekündigt, ich brauche Schlaf und heute ist hier Ruhe drin. Aber nur weil man auf Verständnis hofft, bedeutet das noch lange nicht, dass man Verständnis bekommt. Bis 0 Uhr schafften es die, sorry, scheiß Italiener mich 3 mal ausm Bett zu hämmern, wo ich jedes mal im freundlich Ton meine Aussage von um 8 verstärkt habe. Beim 4. Mal krachte es. Ich schritt direkt zum TV, machte ihn aus, schrie in die Masse das jetzt ne Runde SHUT THE FUCKING HELL UP YOU MAGGOTS herrscht oder jemand eine fängt. Die Bierflasche, die dabei aus meiner Hand Richtung Wand flog, war wohl Reflex. Klirr Bumm, Schweigen und eine Tür krachte – meine. Ich legte mich mit 21502894 Puls ins Bett und wollte einfach nur noch schlafen. Nach der Aktion funktionierte es auch wunderbar. Danke.
Angesichts der Tatsache, dass diese Mitbewohner eine der respektlosesten Menschen waren, die ich jemals kennenlernen durfte, war ich nicht tottraurig dort weg zu müssen – ich hätte es früher oder später von allein getan. Schade das nur aufs Geld geachtet wurde, nicht darauf, wer die Bude ganz hält und wer nicht. Egal, Haken dran. Schön hätte es werden können. Auf jeden Fall wohne ich jetzt in Birrong, einem ruhigen abgelegenen Viertel Sydney, in welchem man fast denken könnte, dass es schon außerhalb der Stadt liegt. Die Züge fahren von morgens 4.30 Uhr bis spätestens 0 Uhr in der Nacht, dazwischen hab ich eben Pech. 45 Minuten brauche ich !!per Zug!! in die Stadt. Im Vergleich dazu hat ein Zug von Stadt bis Bondi Junction ca 10 Minuten gebraucht. Nun ja.. für 145 Dollar pro Woche nimmt man eben einiges in Kauf. Auch die positiven Seiten: Vorgarten, Hintergarten, die ruhigste Wohngegend, die man sich vorstellen kann, ruhige Nachbarn und ein Einzelzimmer mit Bett, Kleiderschrank, Ablegeschrank und Schreibtisch. Super! Ein Gefühl von Hause kann ich relativ schnell vernehmen. Scheiß drauf, dass es Ewigkeiten dauert, in die Stadt zu kommen. Scheiß drauf, dass, wenn ich lange Dienst habe, 3-4 Stunden auf den nächsten Zug warten muss. Das Zimmer ist so etwas, was ich seit 4 Monaten gesucht habe. Auch ein alltäglicher Rhythmus schleicht sich so langsam ein. Mein gesunder Schlaf, Oberkörperfrei, ohne Decke und bei offenem Fenster (hatte ich schon erwähnt, dass es hier langsam pervers heiß wird? Letztes Wochenende – 44°) endet ca 11.30 Uhr. Erste Tat des Tages ist lecker Müsli zu verspeisen während im Internet die spätsurfenden Deutschen kontaktiert werden können. Musik bringt die Sache immer in Fahrt =) Ich lasse es ruhig angehen.. zwischen 1 und 2 Uhr starte ich jeden Tag mein 1 Stunden Workout, was ich für meine Verhältnisse schon lange durchhalte.. seit 2 Wochen jeden Tag. Dazu gibt es den besten Orangensaft der Welt, 3 Spiegeleier (ohne Eigelb – iiieeekk Colesterin!) und einem selfmade-Eiweiß-Drink. Genauso wie das Duschen danach, gehört der grüne Apfel und ne Vitamintablette fest zum Tagesplan, yeah 🙂 Bevor es dann Richtung Standart-17.30 uhr-Dienst aufgeht, gibt es noch lecker Toast und aufgehts. Mein Bruderherz meint, wer lange Bahn fährt, hat Zeit zum Lesen. Ich.. Ich und lesen? Jawohl! Wer hätte das gedacht, aber Australien bringt mich sogar zum Lesen. Kai schenkte mir ein Buch: „Diabolus“ von Dan Brown, welcher auch Sakrileg und Illuminati geschrieben hat (die Bücher sind mir sogar bekannt, olé olé). Also fing ich an zu lesen.. vor 4 Tagen. Im Zug. Ich wirkte wie neu – ich las tatsächlich ein Buch, was mich fesselt! Mich!! Der der bei seinen Deutsch-Hausaufgaben „Bitte lest den Faust 2 bis Seite 51 bis morgen“ im Bett eingeschlafen ist.. beim Lesen! Ich, der eine Seite anfing, nach 10 Minunten unten angekommen war und das obenstehende schon wieder vergessen hatte!! Things are changing – always. Es klappte sogar bei voller Dröhnung meiner Kopfhörer und Menschengetummel mich stets auf das Buch und die Story zu konzentrieren. 4 Tage – 240 Seiten. Ich bin richtig stolz auf mich =) Leider ist das Buch in Deutsch, aber sobald ich das durch hab (523 Seiten) kauf ich mir die englische Version und lese es nochmal – verrückt, ist aber so!
Vergangenen Montag hatte ich meine erste Spätschicht im Four Seasons, in welche ich mit großer Aufregung startete. Restaurantdirektor Fillipo – ein witziger italienischer Herrscher über das Outlet „Kable’s“ und „Cafe“ der generell jeden mit „Hello my friend“ begrüßt, hatte mir die Woche voll mit 17.30 Diensten geklatscht.. „now you can prove yourself being a waste for breakfast“ – um mich zu beweisen, dass ich eine Verschwendung fürs Frühstück sei. Mit Vergnügen! Montags war Kable’s, wie jeden Montag, zu. Also wurde im Café Dinner serviert.. was an meinem ersten Abend auch gleich die Hölle sein sollte. Ein Wetterumschwung von schön zu verdammt ekelhaft traf uns ziemlich unvorbereitet. Im Dienst waren 2 Fulltimer, 1 Assistant Restaurant Managerin und ich. Für Montag fast zu viel, aber der Wechsel sollte uns ordentlich den Abend heiß machen. Am Anfang konnte mir noch viel erklärt werden, die Abläufe, die Feinheiten, die grobe Einteilung, der Aufgabenbereich. Der wichtigste Satz der Assistant Managerin redete mir den Abend: „Hold on to our standards.. and for rest: just be yourself!“ – Halte dich an die Regeln und sei einfach du selbst. Genau das blieb mir auch übrig. Innerhalb von 45 Minuten stürmten Päärchen, 3er und 4er Gruppen das Lokal, Hotelgäste, die auswärts geplant hatten aber sich dann doch umentschieden, im Hotel zu essen. WoW. Um 19 Uhr hatten wir 49 Couvert sitzen.. 1 Stunde nach der Öffnung. Die Anweisung hieß dann, weitere Gäste abzuweisen, mit der freundlich Bitte 30 Minuten zu warten, bis wir Tische für sie re-setten (erneuern) können. Auch wenn noch Tische frei waren, aber wir mussten uns und der Küche ein wenig Freiraum verschaffen. Ich durfte netterweise Springer sein, das schlimmste was man in solchen Situationen sein kann – man war für alles zuständig. Da der 1 Runner ordentlich zu tun hatte und Assistentin sowie der andere Fulltimer als Revierläufer ordentlich schwitzten, war es meine Aufgabe, alles und jedem unter die Arme zu greifen. Gäste platzieren, Karten reichen, Essen tragen, Getränke machen, Bestellungen aufnehmen, Tische erneuern, HILFE. Normalerweise ist dort alles sehr gut gegliedert, aber an solchen Tagen muss eben schnell gehandelt werden. Insgesamt haben wir uns mit 72 Couvert rumschlagen müssen… und alle gingen hochzufrieden aus dem Café. Was für ein Einstieg. Zu meinen, ich wäre ins kalte Wasser geworfen worden, wäre noch eine Untertreibung gewesen. Aber ich konnte viel lernen – in kurzer Zeit. Die Assistentin erklärte mir später, dass solche Miskalkulationen sehr selten sind, wir aber mit leben müssen. Es machte durchweg Spaß, das war wichtig!
Ab Dienstag stand ich dann im „Kable’s“ – dem Fine Dining Restaurant. Meine Spezialität wird dort geliebt – ich stelle gerne viele Fragen 🙂 Ab der ersten Minute, wurde ich von einer Deutschen an die Hand genommen – Michaela ist Managerin-in-Training, ein, quasi, Projekt im Four Seasons, wo man auf Anfrage und bei bestehendem Können, auf die Managementschiene eingearbeitet wird. Michaela [Bild rechts] ist so um die 28 würde ich tippen und erinnert mich stark an Franziska Vierke (meine liebste Azubi-Kollegin zu Russenhofzeiten [Bild links]) – aufgeweckt, stets überfreundlich lächelnd, blond, schlank, engagiert und hilfsbereit. In 4 Tagen haben wir nicht ein Wort Deutsch gesprochen, was ich wiederrum so liebe am Four Seasons.. endlich mal durchgehend Englisch! Mittlerweile klappt es wunderbar fließend, vorm Gast und privat, dennoch könnte es besser sein. Man lernt mit jedem Tag dazu… so auch im Restaurant. Der enorm hohe Standart meiner Ausbildung kommt mir zum ersten Mal richtig zu Gute. Die Grundregeln beherrsche ich aus dem effeff und kann mich somit wunderbar auf den Rest konzentieren.. Ablauf, Brot/Butter, Dockets (Bons) schreiben, Kassensystem, Gästeumgang, Speisekarte, Specials der Woche / des Tages und so weiter und so fort. Der Servicestandart ist etwas lockerer als in Deutschland, dennoch sehr hoch angesetzt – das was ich so liebe an diesem Job. Die Gäste waren im Allgemeinen bis jetzt sehr freundlich, überaus zufrieden, trinkgeldfreudig und unkompliziert – Australien eben 🙂 Immer an meiner Seite und stets jeder Frage gegenüber offen – Michaela. Das war mal wirklich gute Einarbeitung. Mir wurde schnell viel anvertraut und bereits am 3. Tag (heute) wurde mir ein eigenes Revier zugeteilt. Man dürfte mittlerweile verstanden haben, dass ich nicht auf den Kopf gefallen bin und nicht seit 2 Wochen diesen Job ausübe. Nein, ich bin sehr dankbar über die letzten 3,5 Jahre in Deutschland.. und dankbar allen gegenüber, die dazu ihren Teil begetragen haben (Scholzi, Buschi, Stahl, Schollbach etc)! Aus diesem Grund gehe ich derzeit so gerne wie selten zuvor auf Arbeit.. auch wenn es weiter Weg ist.
Soweit, sogut. Die Vorsätze des neuen Jahres halten gut durch – nicht mehr Rauchen, ordentlich Sport, frei sein 🙂 Und da bereits in 6 Monaten und 3 Tagen mein Flieger nach Hause geht, heißt es: Weiter so! Genießen wir mal noch ein wenig das australische Leben!
Ich hoffe in Zukunft öfter zum Schreiben zu kommen, das hat ein wenig nachgelassen. Tschuldigung =)
Liebe Grüße, Cheers und byebye